Der Downswing - Strategie - lang
In letzter Zeit gab es einige Leute hier im Forum, die sich über Pechsträhnen beklagten und einen Downswing durchgemacht haben. Ich selbst gehöre auch zu diesen Spielern, wobei meine Pechsträhne vermutlich etwas länger und hartnäckiger war als das, was ich bei anderen Postern so gelesen habe. In diesem Post möchte ich davon berichten, was ich erlebt habe, welche Auswirkungen die Pechsträhne auf mein Spiel hatte und wie ich letztlich versucht habe, mein Spiel wieder „auf Kurs“ zu bringen. Die schwierige Phase begann bei mir so gegen Mitte bis Ende August und dauerte dann fast den ganzen September über an. Ich verlor auf Grund zahlreicher hartnäckiger Pechsträhnen in zahlreichen Facetten den roten Faden in meinem Spiel, den ich dann gegen Ende September/Anfang Oktober so langsam wieder zurück gewann, auch weil ich mich strikt an bestimmte Regeln hielt, die mich wieder zurück auf den Gewinnweg brachten. Der September war der einzige Monat in diesem Jahr, in dem ich Verluste machte. Phasenweise war ich rund 15-20 Buy-Ins von Mitte / Ende August bis Mitte / Ende September im Minus. Erst in der letzten Septemberwoche konnte ich die Verluste wieder etwas begrenzen und den Monat mit einem Minus von rund 7-8 Buy-Ins beenden. Ich unterteile meinen Post in 3 Abschnitte, im ersten schildere ich einfach die Fakten während der Pechsträhne, dann versuche ich im zweiten Abschnitt zu beschreiben, wie sich die Fakten auf mein Spiel auswirkten und dieses negativ beeinflussten. Im letzten Abschnitt erkläre ich schließlich, wie ich wieder zu „,meinem Spiel“ zurückfand. Meine gesamten Ausführungen beziehen sich auf das 6 max Ring Game, wobei ich vorwiegend NL $100 gespielt habe, anfangs auch noch NL $200.
Die Fakten: Wenn ich hier von Fakten rede, so muss ich vorweg schicken, dass es sich durchaus um subjektive Eindrücke handelt. Ich benutze kein Pokertracker und kann deswegen auch nicht völlig objektiv analysieren, ob und wie viel Pech ich tatsächlich hatte. Trotz allem denke ich, dass ich mein eigenes Pokerschicksal letztlich doch relativ neutral bewerten kann. Es gab von Mitte bis Ende August eine Anhäufung an ungünstigen Kartensituationen für mich. Jede für sich mag noch gar nicht mal so besonders sein, aber das Aufeinandertreffen verschiedener ungünstiger Faktoren, die einfach über Wochen nicht enden wollten, machte es sehr, sehr schwierig. So konnte ich über 5 Wochen ein einziges Preflop All-In mit AK gegen QQ (oder JJ) bzw umgekehrt mit QQ gegen AK gewinnen. Alle anderen verlor ich, es waren weit über 10. Wie gesagt, genaue Zahlen habe ich nicht, aber die Anzahl lag eindeutig im zweistelligen Bereich. Nicht jedes dieser All-Ins ging um meinen gesamten Stack. Es gab eine Reihe All-Ins gegen Shortys, die dann zum Glück nur um 15-25 BBs gingen, aber natürlich waren auch etliche dabei, die um einen kompletten Stack oder um einen halben Stack gingen. Mit Drillingen habe ich in dieser Phase vermutlich fast gar kein Geld verdient. In aller Regel floppte ich diese nur auf 1 Suited oder 2 Suited Boards, die obendrein jeweils koordiniert waren, wobei der Turn und der River so ziemlich jedes Draw zur Vollendung brachten, das man sich denken konnte . Ich musste mich nach einem Bet am Flop in aller Regel im Turn oder River von der Hand trennen, da ich nur noch Bluffs schlagen konnte. Eine Verbesserung zum Full House kam in dieser Phase nie zustande. Meine Reraising Range ist zumindest nicht eng. Trotzdem wurden Reraises über Wochen immer nur dann gecallt, wenn ich AK hatte. Ein einziges Mal wurde ein Reraise gecallt, als ich AA hatte, wobei Villain in dieser Hand einen Drilling floppte. Die AK Hände trafen in endlosen versuchen den Flop nie, sobald ich sah, dass Villain callte, wusste ich nach 2 Wochen schon, wie der Flop aussehen würde: 457 2-Suited oder so ähnlich. Ich konnte so gut wie keine dieser Situationen gewinnen, denn jeder CB – wenn ich einen machte - wurde gecallt, nie kam eine brauchbare Turnkarte, manchmal kam ich bis zum Showdown, den ich aber natürlich auch mit A high immer verlor. Einmal in diesen 4 Wochen traf ich den Flop mit einem K, das war als der Gegner AA hatte. Ich selbst wurde natürlich auch immer mal wieder gereraist und traf in diesen Wochen mit einem Call des Reraises genau einmal einen Drilling, nämlich JJ auf einem 9TJ-Flop, als Villain mit KQ gereraist hatte. Das Ergebnis kann man sich denken. Insbesondere Mitte September zogen alle hohen Paare ab JJ Drillinge bei meinen Gegnern geradezu magisch an. Auch kam es gehäuft zu Situationen, in denen ich mit mittleren Paaren immer auf das nächst höhere oder um 2 höhere mittlere Paar traf. Da gingen viele Showdowns mit gut 1/3 des Stacks ohne Ende verloren. An sich spiele ich mittlere Paare gerne und sicher und ich glaube auch mit Gewinn, aber in dieser Phase ging damit nichts, absolut nichts mehr. Dann gab es noch ein paar wirklich amüsante Situationen, die genau ins Bild passten, auch wenn sie wegen ihrer Einmaligkeit nur einen begrenzten Einfluss auf die Gesamtbilanz hatten. Zum einen verlor ich die beiden 13-1 Preflop-All-Ins in dieser Phase (TT gegen T9 und ein ähnliches Duell), dann verlor ich in der ersten Stunde einer 4-Tisch-Session mal rund 2,5 Buy-Ins, weil ich an allen 4 Tischen absolut Kartentod war. Ich habe eine Stunde an allen 4 Tischen fast nur gepasst und vermutlich überhaupt nur 1 oder 2 Showdowns gewonnen, denn auch alle Flops etc habe ich verfehlt. Da gingen die Buy-Ins dann einfach durch den Verlust aller Blinds und einiger weniger höhere Einsätze nach einigen Raises und anschließenden Folds verloren. Sehr hart war dann die Session, in der ich in weniger als 5 Minuten an 3 Tischen rund 2-2,5 Stacks verlor, nachdem ich im Flop oder Turn All-In war, von meinen Gegnern jeweils mit einem Gutshot-Draw gecallt wurde und jeder Gutshot traf. Ganz allgemein hatte ich den Eindruck, dass ich von Gutshots sehr oft heimgesucht wurde und das auch die üblichen 5 oder 6 Outer ziemlich oft trafen. Das kann aber durchaus auch ein ziemlich subjektiver Eindruck sein, denn jede solche Situation regt einen dann sehr auf, wenn es in den anderen wichtigen Bereichen überhaupt nicht läuft. Ebenso hatte ich den Eindruck, dass mögliche Flush-oder Straßendraws immer und immer wieder im Turn eintrafen, wenn ich Top Paar hatte. Phasenweise kannte ich gar nichts anderes mehr – immer wenn ich Top Paar hatte durfte ich überlegen, ob der Flush für Villain gerade eingetroffen war. „Glücklicherweise“ kam im River oft die vierte Karte für den Flush, was die Entscheidungsfindung dann doch sehr vereinfachte, allerdings zumeist schon mit einigen Dollars aus vorhergehenden Betting Rounds im Topf. Es gab in dieser Phase zum Glück auch begrenzt Positives. Ab und zu lief es als Ausnahme von der Regel auch mal ganz gut. In einer Session konnte ich mal 5-6 Buy-Ins gewinnen und damit vorhergehende Verluste in anderen Sessions reduzieren, außerdem half mir gegen Ende der 4 Wochen mein Limp-Mode, den ich zwischenzeitlich gar nicht angewendet hatte. Auch damit konnte ich den einen oder anderen Turnaround schaffen. Diese Umstände begrenzten meinen Gesamtverlust einigermaßen. Der Einfluss: Durch die vielen ungünstigen Situationen, die nicht mal nur die typischen 1-2 Tage, maximal 3-4 Tagen anhielten sondern wirklich über mehrere Wochen Bestand hatten, verlor ich schließlich doch meine Geduld und kam wesentlich leichter auf tilt als sonst üblich. So ungefähr ab der 3. Woche habe ich Overpairs definitiv überspielt und war phasenweise nicht mehr in der Lage, mich oft genug von QQ+ zu trennen, was hier und da einen Stack gekostet hat. AKo habe ich gegen jeden Gegner aus jeder Position gereraist. Das ist zumindest fraglich. Mittlerweile frage ich mich, ob ein Reraise von AKo auf NL $100 überhaupt gut ist, aber das ist ein anderes Thema. Für mich ist AKo beim Call eines Reraises jedenfalls eine RIO-Hand und jemand wie Isura hat auf seiner Seite verraten, dass er AKo auf Reraises gelegentlich weg wirft. Ganz neue Erkenntnisse für mich! Durch die wochenlange Misere habe ich mich am Ende über jede schlechte Karte, jede schlechte Situation aufgeregt, was sonst nicht meine Art ist. Ich bin mir sicher, dass ich normalerweise weit weniger anfällig für tilt bin als der durchschnittliche Spieler in diesem Forum, aber die nicht enden wollende Pechsträhne hat mich etwas aus der Bahn geworfen. Statt auf mein Spiel zu achten, habe ich mich über „blöde Karten“ aufgeregt. Das ist sehr, sehr schlecht fürs eigene Spiel. Phasenweise habe ich entweder zu aggressiv gespielt oder auch einfach zu viele Hände gespielt, weil ich sehr oft nach kurzer Zeit in einer Session durch ein Bad Beat oder ein verlorenes Race (die Sache mit AK gegen QQ) schon einen Buy-In zurück lag, den ich dann aufholen wollte. Ebenso habe ich durch die vielen ungünstigen Situationen manchmal auch eindeutig zu passiv gespielt, hier und da gecheckt, wo ich hätte betten sollen um meine Hand zu definieren oder zu protecten, dann jeweils aus Angst, dass es ja in dieser Phase sowieso wieder zu der grausamen Turn- oder Riverkarte kommt. Ich bin in der dritten oder vierten Woche in einen gewissen Trott gekommen, in dem ich auch nicht mehr vernünftig über mein Spiel nachgedacht habe. Die Verluste habe ich im wesentlichen der Pechsträhne zugeordnet, habe aber keine Versuche zum Gegenlenken gemacht. Weder habe ich längere Zeit ausgesetzt, noch habe ich mal ein oder zwei Strategietage eingelegt, in denen ich bestimmte Situationen analysiert habe – zum Beispiel die Sache mit den Reraises von AKo. Ich bin völlig abgekommen von meiner Post-Flop-Mentalität. Immer wenn ich ein hohes Paar hatte, hatte ich die Hoffnung, jetzt viel Geld zu verdienen. Möglicherweise kam das auch daher, dass ich immer wieder Turniere zur Abwechslung spiele. In den letzten 2 Wochen im September hatte ich mit meinen Turnieren einige Erfolge. In Turnieren sind AA, KK und QQ sehr wichtige Hände und sie können in den mittleren Phasen gewisse Meilensteine auf dem Weg zum Erfolg sein. In 6 max Ring-Games sind QQ, KK und AA einfach nur ein Paar, nicht mehr und nicht weniger. Diese Sichtweise der Dinge in 6 max ist mir verloren gegangen. Mehr dazu im nächsten Abschnitt. Das Rebreak: Die Rückkehr zu meinem „normalen“ Spiel schaffte ich gegen Ende September, seit dieser Zeit läuft es wieder besser. Ich spiele besser und die typischen Anzeichen der Pechsträhne sind ganz weg oder haben sich zumindest abgemildert. So konnte ich zum Beispiel Anfang Oktober tatsächlich einen Preflop-Allin mit AK gegen QQ gewinnen. Mittlerweile habe ich sogar ein zweites Mal gewonnen: Mann, tut das gut nach so langer Zeit! Beim ersten konnte ich es gar nicht glauben - ich bin vom Stuhl aufgesprungen, habe laut gejubelt und die Hände in die Höhe gerissen, wie bei einem entscheidenden Tor der Deutschen Fußball-Nationalmannschaft bei der WM oder dem entscheidenden Touchdown der Pittsburgh Steelers im Super Bowl vor 2 Jahren. Nun, an der Pechsträhne an sich kann man natürlich nichts ändern, wohl aber am eigenen Spiel in einer Phase, in der es erkennbar nicht so läuft wie gewohnt. Mittlerweile habe ich mir eine Liste an Punkten aufgeschrieben, die ich jeweils durcharbeiten möchte, falls eine solche Erfahrung jemals wieder auftritt. Ich bin sicher, sie wird wieder auftreten. Wenn man das ganze Jahr über 4,6 oder 8 Stunden Poker spielt am Tag, so kommt sie so gewiss wie der nächste Börsencrash und man sollte sich wappnen. Regel 1: Dies ist die wichtigste Regel überhaupt. Früher habe ich mir das vor jeder Session gesagt, monatelang habe ich es nicht mehr gemacht. Jetzt mache ich es wieder und man sollte es in jeder schlechten Phase vor jeder Session in seinen Kopf hämmern: Das NL 6 max Ring Game ist ein Postflop-Spiel! Ob man (viel) Geld gewinnt oder nicht, das entscheidet sich fast immer nach dem Flop und nicht vor dem Flop! Das ist ganz, ganz wichtig und das ist ein elementarer Unterschied zu NL Multi-Table-Turnieren, wo man in späten Turnierphasen oder als Shorty öfter vor dem Flop entscheiden muss, ob man alles riskiert, auch mit marginalen Händen. Nicht so bei 6 max Ring Games. Man muss sich dazu zwingen. Postflop zu denken, nicht Preflop! Daraus folgt direkt Regel Nummer 2. Regel 2: Diese schöne Regel habe ich der Seite eine anonymen Internetprofis entnommen. Sie betrifft AA, KK und QQ. Das sind Preflop gute Hände schreibt der, aber letztlich hat man mit diesen Händen „nur“ ein Paar. Es gibt keinen Grund, mit „nur“ einem Paar bankrott zu gehen. Wenn man mit diesen Händen Preflop raist, danach vielleicht mit einem CB einen Pott gewinnt, der 10% des eigenen Stacks ausmacht, so ist das schön und ein brauchbares Ergebnis. Mehr sollte man von diesen Händen nicht erwarten. Wer AA in 6 max sieht und Dollar-Zeichen in den Augen hat, der ist fehl am Platz! Man gewinnt andere Stacks in aller Regel mit Drillingen, Straßen, Fluhs, etc, etc. Das entscheidet sich Postflop! Es gibt keinen Grund, mit „nur“ einem Paar – auch nicht mit ein Paar Assen – später im Spiel seinen ganzen Stack in die Mitte zu schieben ohne sehr, sehr triftige Gründe dafür. Ausnahmen bestätigen hier eher die Regel. Wenn man mit AA auf Grund irgendeiner günstigen oder glücklichen Betting Sequenz seinen Stack Preflop in die Mitte bekommt – prima. Wenn das nicht der Fall ist, so ist AA Postflop einfach nur ein Paar! Und das sollte man nie, nie, niemals vergessen. Regel 3: Wenn es nicht läuft, so sollte man sein Spiel vereinfachen. Man konzentriere sich auf die prinzipiellen, die einfachen Dinge. Alles, was komplex ist, alles was marginal ist, lasse man weg. Man kann zu solchen Dingen wieder zurückkehren, wenn es wieder besser läuft. Aber in einer schlechten Phase muss man nicht von jetzt auf gleich sofort wieder sein bestes Poker spielen. Es geht darum, wieder halbwegs auf Kurs zu kommen, einen Turnaround zu schaffen, wieder die eine oder andere Gewinnsession zu erzeugen, möglichst auch mal in Serie. Marginale Dinge kann man links liegen lassen. Da das eigene Spiel angeschlagen ist und sich möglicherweise in Schieflage befindet, sollte man nur die einfachen Dinge machen, Risiken minimieren, Experimente reduzieren, sich auf Dinge konzentrieren, die man kennt, die schon immer funktionierten. Regel 4: Man sollte tighter spielen als normal. Marginale Hände, die man an günstigen Tischen sonst vielleicht noch spielt, mit denen man sonst noch callt sollte man zunächst mal aus seinem Spiel entfernen. Postflop sollte man sich einer Fit-Or-Fold Strategie annähern, um die mögliche Zahl kostspieliger Fehlentscheidungen zu reduzieren. Insbesondere muss man mitten in einer Pechsträhne nicht unbedingt jedes Draw und auch nicht unbedingt jeden Semibluff probieren, der einem vor die Flinte läuft. Auf das Stehlen von Blinds sollte man nie ganz verzichten, aber man kann es in einem Downswing reduzieren mit dem angenehmen Nebeneffekt, dass die Fold-Equity bei den reduizierten Stehlversuchen steigt. Dasselbe gilt für die eigene Reraising Range. Die muss im Downswing nicht unbedingt bis zu ihrer äußersten Grenze angewendet werden. Insgesamt vermeidet man durch ein tighters Spiel zu viele zu schwierige Entscheidungsfindungen. Zwar geht dabei sicher auch Value verloren. Es geht aber wie oben erwähnt in einem Downswing nicht darum, jetzt optimales Poker an der Grenze der eigenen Möglichkeiten zu spielen. Es geht darum, wieder halbwegs auf Kurs zu kommen, wieder einigermaßen festen Boden unter die Füße zu kriegen. Wenn man vor dem Downswing zum Beispiel eine Gewinnrate von 5 PTBB hatte und der etwas verhaltenere Spielstil kostet einen jetzt 1-2 PTBB, dann ist das jetzt eben so. Man kehrt damit aber in die Gewinnzone zuürck und kann dann später nach der Korrektur sein Spiel wieder öffnen, wenn das Selbstvertrauen wieder da ist und wenn in der Zwischenzeit auch die Pechsträhne (hoffentlich) ein Ende gefunden hat. Regel 5: Das gilt eigentlich immer, hier aber besonders. Man sollte jede Session sehr konzentriert, sehr, sehr bewusst spielen. Außerdem sollte man nur dann spielen, wenn man ausgeruht und ausgeschlafen ist. Die Länge der Sessions sollte man begrenzen, möglichst auf 2 Stunden. Zur Not stellt man sich einen Wecker und macht beim Klingeln Schluss. Überlange nächtliche Sitzungen im übermüdeten Zustand, in denen man auch noch anfänglichen Verlusten auf Grund von Bad Beats hinterher läuft, sind totales Gift. Man will ruhig spielen, ruhig analysieren, keine Fehler machen, auch wenn das Kartenglück zur Zeit woanders sitzt. Solange man ausgeruht, ausgeschlafen und sehr konzentriert ist, ärgert man sich über ungünstige Situationen nicht so sehr und das eigene Spiel bleibt trotzdem weitgehend fehlerfrei. Regel 6: Das Bankroll-Mangement. Sollten die Verluste so hoch werden, dass die eigene Bankroll dünn wird, so sollte man rechtzeitig ein Limit zurück gehen. Man kann sich schon vorher eine Grenze setzen, bei deren Unterschreitung Schluss ist und man sollte dann im nächst niedrigeren Limit einen „Neuanfang“ probieren. Nach anfänglichen hohen Gewinnen im August in NL $200 bin ich rechtzeitig einen Schritt zurück gegangen. Meine Bankroll wäre noch groß genug gewesen, um weiter auf dem Limit zu spielen, aber in dieser Beziehung bin ich ein „Nit“. Die Pechsträhne setzte ich auf NL $100 dann weiter fort. Eine Rückstufung löst zunächst mal nur das Bankroll-Problem, eine Pechsträhne muss deswegen aber längst nicht zu Ende sein. Trotzdem muss man seine Bankroll schützen! Die Regeln 3-5 sind natürlich etwas allgemein gehalten. Hier ist das Problem, dass man nicht einfach ganz spezielle Dinge aufzählen kann, die man tun oder lassen sollte. Jeder hat seinen eigenen Spielstil und muss letztlich selbst danach suchen, was er da machen kann. Und schließlich hängen diese Dinge sicher auch mit dem Limit zusammen, das man gerade spielt. Ich kann aber einige eigene Sachen aufzählen, die ich an meinem eigenen Spiel geändert oder wieder eingeführt habe, um mich wieder auf Kurs zu bringen. Das sollen keine Empfehlungen für jedermann sein, ebenso sage ich nicht, dass diese Maßnahmen etwa für jeden Spielstil geeignet sind. Es sind einfach Beispiele, an denen man erkennt, was ich verändert habe. Sie haben mir den gewünschten Erfolg zurückgebracht. Andere Spieler müssen sicher andere Maßnahmen ergreifen, weil sie anders spielen als ich, insbesondere auch deswegen, weil ich keinen typischen 2+2-Stil spiele. Ich hatte im Downswing recht oft aus dem SB gegen den BB geraist, mit der Folge, dass ich nach einem Call einen teuren Pott OOP spielen musste. Das habe ich geändert und auch jetzt noch limpe ich überwiegend vom SB zum BB, was früher und auch jetzt wieder gut funktioniert. Nur die mittelhohen Paare und gute Asse raise ich. Das Reraisen mit AKo habe ich eingestellt. Ich sage nicht, das Reraisen hiermit falsch oder richtig ist, ich vermeide damit aber das Spielen teurer Töpfe in einer Phase, in der mein Spiel anfällig ist und in der ich Postflop keinen klaren Plan mit der Hand habe .Die Folge ist, dass ich mittlerweile mit AKo wieder Geld gewinne – endlich. Das Stehlen von Blinds habe ich stark reduziert (mittlerweile nicht mehr). Vom BTN aus habe ich keine Suited 1-Gappers mehr geraist, keine Suited Qs mehr (bis auf hohe), keine niedrigen Kings und phasenweise auch keine mittelhohen Offsuit Kings mehr. Ebenso habe ich vom CO keine mittleren oder niedrigen Suited Ks mehr geraist. Auch habe ich einige marginale Hände wie T9 und T8 vom Button gefoldet, statt sie wie üblich eher zu raisen. Die Folge davon war klar: Die Zahl der Stehlversuche ging zurück, die Prozentrate der erfolgreichen Stehlversuche stieg. Wenn man weniger stielt, leisten die Gegner weniger Widerstand und man gewinnt die Blinds dann häufiger kampflos, was das eigene Spiel vereinfacht. Ich habe eine alte, erfolgreiche Angewohnheit wieder eingeführt. Zwischenzeitlich hatte ich Preflop immer nur 4BB erhöht – auch mit AA oder KK. Das habe ich teilweise wieder umgestellt. Ich raise AA oder KK (natürlich manchmal auch andere hohe Paare) teilweise wieder auf den halben Stack eines Shortys, teilweise über 10BB mit schönen Erfolgen. Außerdem bringen solche Raises gelegentlich den Tisch durcheinander und andere Spieler fühlen sich dazu animiert, mit unsinnigen Blättern ähnliche Aktionen zu starten. Eine wunderbare Sache, die ich zwischenzeitlich ganz vergessen hatte. Diese Sache stellt auch eine sehr wichtige Vereinfachung des Spiels dar. Nehmen wir an, man raist Preflop mit AA auf zum Beispiel 12 BB und wird von einem Spieler mit einem Stack von 35BB gecallt. Egal was passiert, der Spieler macht einen Fehler, wenn er nicht auch AA hat, selbst wenn wir anschließend jedesmal unseren kompletten Stack in die Mitte schieben. Mit seinem ursprünglichen Stack hat er nicht die Pot Odds zum callen. Gerade in einer Phase, wo man sich mit dem Ablegen von AA schwer tut oder wo die eigene Spielanalyse in Schieflage ist, kann man zumindest mit dieser Hand oder auch mit KK auf Flops ohne As die Sachlage vereinfachen und vermeidet so kostspielige Fehler. Und wer jetzt behauptet, das wäre Unfug, weil man dann ja nie gecallt würde, der hat keine Ahnung, denn er hat es offenbar selbst nie lange genug probiert! Aus den Blinds habe ich super tight gespielt. Raises habe ich teilweise nur noch mit AK und mit Paaren ab 55 aufwärts gecallt. Hatte ich den Eindruck, dass diese äußerst enge Range ausgenutzt wurde, so habe ich dann mal gereraist mit dem Bewusstsein, dass meine FE mit meinem tighten Image sehr, sehr hoch ist. Allerdings spiele ich mit Paaren aus den Blinds nicht nur auf ein Set. Wenn ich mit Paaren aus den Blinds calle, so calle ich oft den CB und spiele auch ziemlich oft den Turn an, wenn nicht endlos viele Facecards in Erscheinung treten. Mit einem sehr tighten Image war das dann auch ziemlich erfolgreich und brachte eine hohe Erfolgsquote ein. Wenn mein Turnbet gecallt wurde, so habe ich wieder elementar mit check-fold fortgesetzt, wenn nicht ein glücklicher Drilling im River erschien. Der Drilling erschien nie, meine Bets im Turn wurde aber auch sehr selten gecallt, so dass die Blind Defense zwar nur selten erfolgte, dann aber mit einer sehr hohen Erfolgsquote. Auch wieder eine recht gelungene Spielvereinfachung! Davon abgesehen habe ich kaum irgendeine geraiste Hand aus den Blinds gespielt. OOP kamen nur die ungeraisten im SB gelimpten Hände häufig vor, die aber integraler Bestandteil meines Spiels sind und womit ich auch immer sehr gut zu Recht komme. Aus den Positionen UTG und UTG+1 habe ich auch jegliche Experimente ausgelassen. Je nach Tisch und Laune raise ich Hände wie JTs, T9s, 54s und 53s und ähnliche auch mal UTG oder UTG+1, das habe ich im Turnaround aus Prinzip gestrichen. Dasselbe galt für Raises mit ATo oder A9s, A8s aus UTG+1. Generell habe ich von allen Positionen alle „grenzwertigen Hände“ eine Weile lang nicht mehr gespielt. Aus Verzweiflung habe ich mich an meinen guten, alten Limp-Mode erinnert. Der hat mir sehr dabei geholfen, mir wieder klar zu machen, dass 6 max ein Postflop-Spiel ist. Die Hände, die ich spiele, limpe ich dann Preflop nur noch und erhöhe keine Hand, außer ich eröffne im BTN. Allerdings ist das hier die Ausnahme von der Regel, denn der Limp Mode stellt nun überhaupt keine Vereinfachung des eigenen Spiels dar, er zwingt einen zu teilweise schwierigen Entscheidungen im Turn oder River. Aber das gibt es ja die Regeln 1 oder 2 von oben, die einem dann weiterhelfen können! Außerdem habe ich diesen Mode immer auf eine Länge von maximal 20 – 30 Minuten begrenzt. Hinzu kam hier auch noch eine gewisse Portion wieder zurückkehrendes Glück, denn mit diesem Mode konnte ich mitten im Turnaround meine unglaublichste halbe Stunde im Online-Poker absolvieren. Ich habe noch nie in einer halben Stunde so viele Stacks gewonnen wie in einer dieser Limp-Mode-Sitzungen. Mittlerweile spiele ich in vielen Sessions die letzten 20 Minuten im Limp-Mode. Aber darüber werde ich später mal in meinem Pooh-Bah-Post berichten. |
Re: Der Downswing - Strategie - lang
Vielen Dank für Deinen Beitrag!
Ich befinde mich derzeit in einer ähnlichen Phase meiner Pokerkarriere. Alle Fakten die Du aufgezählt hast kann ich für meine letzten 2/3 Wochen sofort unterschreiben. Ich selber benutze aber PokerTracker und kann die eine oder andere Sache auch so noch nachvollziehen. Das ist zusätzlich noch deprimierender. Mit AA bin ich seit 01.10. genau 2 Stacks im Plus - eine Hand die bei mir sonst immer godlike war und overall pro Tag 2 Stacks im Plus ist. Ich bin jetzt auch wieder ein Limit abgestiegen (um den Einfluß auf die Bankroll zu begrenzen) und werde mir die nächsten Tage vor jeder Session Deine Regeln durchlesen. Die scheinen erstmal Sinn zu machen! |
Re: Der Downswing - Strategie - lang
Guter Post! Quasi alles von dem, was dir passiert ist, ist auch mir schon passiert und sicherlich den meisten von uns, die regelmäßig spielen. Auch die Optionen, die du aufzählst, um aus dem Downswing rauszukommen sind sehr solide und hilfreich.
Ein paar konkrete Anmerkungen: 1. Meine Erfahrung mit meinen Downswings (und mit Pokertracker und dem unsäglichen PokerEV): Pech mit den Karten macht weniger als 50% einer massiven Downswing aus. "Massiv" meint hier mehr als 20k Hände mit Verlust. Klar, die Gegner treffen ein paar mehr Draws und Wunderkarten auf dem River. Aber es ist mir noch nie über so viele Hände untergekommen, dass ich permanent und ständig meine ganzen Stacks gegen 3-outer oder durch 10 verlorene Races verloren habe. Ich habe spaßenshalber mal meine bislang größte Downswing (22BI in 18k Händen) durch Poker-EV geschickt. Low and Behold: ich bin nur 2BIs unter meiner Erwartung in a/i Situationen. 2. Den größeren Anteil einer Downswing macht schlechtes Spiel aus. Das schreibst du auch und ich denke, dass es wichtig ist, das deutlich zu betonen. Meistens merkt man nicht einmal, dass man schlecht spielt. Aber es sind eben genau diese Merkwürdigkeiten, die sich ergeben: Angst davor, einen Vbet zu machen, davon auszugehen, dass der Gegner so oder so trifft, die Erwartungshaltung eh zu verlieren. Klar, mit dieser Erwartungshaltung verliert man dann idR auch. Und dann foldet man seiner Overpair auch nicht zum Raise am Turn, weil's ja eh wurscht ist. 3. Deinen Tipps kann ich nur zustimmen. Was mir sehr hilft ist unter anderem auch, erst mal aufzuhören, ein paar Tage gar nicht zu spielen, bis der Verlust mental abgebucht ist. Wenn ich z.B. mit einer 8k Bankroll spiele und innert einiger Zeit 1.5k verliere, dann habe ich zunächst das Gefühl, dass ich Verlust gemacht habe, solange ich nicht wieder über die 8k komme. Aber aus dieser Einstellung resultiert, dass es mir weit wichtiger erscheint, diese 1.5k zurückzugewinnen, als nicht weiter zu verlieren. Entsprechend wird auch mein Spiel angelegt: unruhig, ungeduldig, ich overplaye zu viele marginale Situationen, weil mir ein weiterer Verlust eines Stacks unbedeutender erscheint, als die Hoffnung, einen Schritt Richtung 8k zurückzumachen. Das ist natürlich fatal - entsprechend sollte man die Verluste mental ad acta legen, einen Aussetzer nehmen und frohen Mutes mit einer 6.5k Bankroll ein paar Tage später neu anfangen. Zwischendurch kann man sich ja ein paar HH's angucken und sich wundern, was man da für einen Käse zusammengespielt hat. Und es wird sich eine Menge Käse zusammenreiben während einer Downswing [img]/images/graemlins/smile.gif[/img]. Bin ja mal gespannt auf ein paar Ausführungen zu deinem Limp-mode ('s kommt mir doch arg abenteuerlich vor):). Edit: Oh, und nochmal vielen Dank für diesen geistvollen Beitrag (: |
Re: Der Downswing - Strategie - lang
Ich kratze auch gerade am unteren Ende meiner BR-Grenze für mein Limit herum, mein Tipp für Spieler in derselben Situation: halte dich aus Situationen mit hoher Varianz heraus. Such dir einen anderen Tisch, wenn ein 34/25/3.5-Spieler Position zu deiner linken sitzt. Mache keine 3bet/ai mit AK. Ich bin zurückgefallen auf einen langweiligen 16/14-Stil und grinde, grinde, grinde.... aber spiele nur noch mit wirklich guten Händen um Stacks. Nach einer Stunde haue ich dann vom Tisch wieder ab, da sich dann die meisten Spieler darauf eingestellt habe.
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Re: Der Downswing - Strategie - lang
cliff notes:
[X]OP foldet viele Sets [X]Pokersprache auf deutsch klingt kacke [X]OP is easy to bluff [X]OP kann keine Coinflips gewinnen, weder als Favorit noch als Dog [X]OP tiltet [X]OP gewinnt 2 coinflips und jubelt [X]Standart-Pokerratschläge [X]OP wird zur nit [X]OP wendet "Limp Mode" an und gewinnt so viele Stacks wie noch nie |
Re: Der Downswing - Strategie - lang
[ QUOTE ]
Meistens merkt man nicht einmal, dass man schlecht spielt. Aber es sind eben genau diese Merkwürdigkeiten, die sich ergeben: Angst davor, einen Vbet zu machen, davon auszugehen, dass der Gegner so oder so trifft, die Erwartungshaltung eh zu verlieren. Klar, mit dieser Erwartungshaltung verliert man dann idR auch. Und dann foldet man seiner Overpair auch nicht zum Raise am Turn, weil's ja eh wurscht ist. [/ QUOTE ] [ QUOTE ] Und es wird sich eine Menge Käse zusammenreiben während einer Downswing [img]/images/graemlins/smile.gif[/img]. [/ QUOTE ] Das sind aber auch die "Fehler", die meiner bescheidenen Meinung nach am schwersten zu finden sind. Denn mit diesen Fehlern verliert (oder gewinnt) man trotzdem oft keine großen Pötte und so fallen sie nur schwer wieder ins Auge. Im Gegenzug kommt dieser Fehler aber 20x pro Session vor - und Kleinvieh macht bekanntlich auch viel Mist. Deswegen die Frage: Wie macht man sich auf die Suche nach diesen Fehlern? Und die Frage ist wirklich ernst gemeint! |
Re: Der Downswing - Strategie - lang
schöner artikel!
kann mich da voll drin wiederfinden. Wenn man downswingt, spielt man auch beschissen, macht hero-calls, valuebettet zu wenig, lässt sich billig aus der besseren hand kaufen... kurz um: das eigene spiel ist nicht mehr im "Gleichgewicht" |
Re: Der Downswing - Strategie - lang
also eigenvalue ich will ja nicht mosern, aber die ersten beiden abschnitte deines posts sind völlig überflüssig, da es sich dabei mehr oder weniger nur um elaboriertes BBV handelt. danke dass du den post so gut gegliedert hast, dass man das gleich überspringen konnte ;-)
die beschreibung deiner spielumstellung wiederum ist sehr gelungen. guter post. |
Re: Der Downswing - Strategie - lang
tl; dr.
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Re: Der Downswing - Strategie - lang
Irgendwie kann ich dem Titel nichts abgewinnen, was hat ein Downswing mit Strategie zu tun?
- noch nicht den Thread gelesen - |
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